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Altbundespräsident sorgt für volles Gotteshaus

26.06.2007

Altbundespräsident Richard von Weizsäcker hat für eine rappelvolle Kirche in Langengrassau gesorgt. Mehr als 200 Besucher drängten am Sonntagnachmittag in das Gotteshaus.

 

Selbst auf der Empore waren alle Plätze besetzt. Weizsäcker war zu einer Lesung innerhalb des Dorfkirchensommers in die Gemeinde Heideblick gekommen.

 

Der 87-Jährige brachte seine Autobiografie mit nach Langengrassau. Darin hat er viel Persönliches beschrieben, Begegnungen mit politisch Verantwortlichen anderer Länder, aber auch Kontakte zu ganz einfachen Menschen. Etwa zu einem Oberstleutnant der DDR, der ihn kurz nach der Maueröffnung 1989 mit „Herr Bundespräsident“ begrüßte. Weizsäcker sagt, dass ihm das außerordentlich imponiert habe. „Ich war ja schließlich nicht sein Bundespräsident.“
 

Bericht eines Zeitzeugen
Als der 87-Jährige diese Episode erzählte, lachten die Besucher in der Kirche amüsiert. Auch, als er Egon Krenz als Nachfolger des DDR-Staatschefs Erich Honecker erwähnte. Richard von Weizsäcker war in den Jahren von 1984 bis 1994 der sechste Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland. Er ist ein wichtiger Zeitzeuge der deutschen Geschichte und damit auch der Wendezeit.
 

Mit Geschichte auseinandergesetzt
Den DDR-Grenzern bescheinigte der 87-Jährige ein „verantwortungsvolles Handeln“ während der Grenzöffnung am 9. November des Jahres 1989.


Während seiner Lesung warf Richard von Weizsäcker zudem einen Blick auf die frühere Tschechoslowakei und seine ersten Kontakte zum späteren Staatspräsidenten Vaclav Havel. Der habe ihn 1990 in einem Brief gebeten, gemeinsam in die Prager Burg einzuziehen – anders als es Hitler im Jahr 1939 mit Panzergewalt getan hatte.


Besonders viel las und erzählte der Altbundespräsident am Sonntag von Polen. Das Nachbarland sei untrennbar mit der Geschichte seiner Familie verbunden. Richard von Weizsäcker sagte, dass er als Rekrut dabei gewesen sei, als Polen im Jahr 1939 überfallen wurde. Sein Bruder sei zu Beginn des Zweiten Weltkrieges dort gestorben, sein Vater habe in Breslau gelebt. „Polen“, so der 87-Jährige, „ist neben Frankreich unser wichtigster Nachbar. Allerdings waren die Beziehungen schon immer sehr schwierig.“


Weizsäcker warb um Verständnis für das polnische Nachbarland, auch mit Blick auf die jüngsten Unstimmigkeiten während der Brüsseler Konferenz. Zu Beginn dieser Woche sei er in Warschau, „um Deutschland bei einer schwierigen Geschichte zu vertreten“. In der polnischen Hauptstadt werde der Grundstein für ein jüdisches Museum gelegt. „Polen und Deutsche dürfen sich nicht auseinander treiben lassen“, sagte Weizsäcker.


Er betonte aber auch, dass der jungen Generation in Deutschland keinerlei Schuld am Zweiten Weltkrieg aufgeladen werden dürfe. Wer die Augen für die Vergangenheit offen halte, sei stark genug für die Zukunft, so der frühere Bundespräsident.
 

Musikalischer Beginn
Begeistert war Richard von Weizsäcker vom musikalischen Beginn seiner Lesung. „So etwas Schönes habe ich ja noch nie gehört“, lobte er die regionalen Musiker. „Das war ja besser als die Philharmoniker in Berlin.“


Pfarrer Frank Gehrmann hätte den Altbundespräsidenten gern häufiger in seiner Kirche zu Gast, wie er zum Ausdruck brachte. „Ihre Lesung ist zwar keine Predigt, aber eine Mission“, sagte der Pfarrer.

 

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